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Sind COPD-Patienten anfälliger für Gürtelrose?

 

Patienten mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) entwickeln überdurchschnittlich oft einen Herpes zoster, der auch als so genannte Gürtelrose bekannt ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Taiwan, die das Erkrankungsrisiko unter COPD-Betroffenen und in der Allgemeinbevölkerung verglichen hat. Für die höhere Gürtelrose-Häufigkeit machen die Wissenschaftler insbesondere dauerhafte entzündliche Prozesse und eine gestörte Immunfunktion bei COPD verantwortlich.

 

Es ist bekannt, dass vor allem eine Abwehrschwäche die Wahrscheinlichkeit für eine Gürtelrose erhöht – z. B. bei höherem Lebensalter, Grippe, seelischem Stress, Krebs, Diabetes oder Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis. Die COPD galt bisher nicht als Risikofaktor – bis zur Studie von  Hui-Wen Lin und Kollegen von der Taipei Medical University in Taiwan.

 

Die Arbeitsgruppe um Lin wertete Versichertendaten von fast 8.500 COPD-Patienten ab dem 50. Lebensjahr aus und verglich die Ergebnisse mit der Gürtelrose-Häufigkeit bei fast 34.000 gleichaltrigen Männern und Frauen ohne Lungenerkrankung.

 

Das Resultat: In dem Beobachtungszeitraum von etwa einem Jahr traten 1.080 Gürtelrose-Fälle auf. Dabei zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Gürtelrose in der Gruppe der COPD-Patienten um rund 68 Prozent höher war als in der gleichaltrigen Durchschnittsbevölkerung. Aus diesem Ergebnis hatten die Wissenschaftler andere mögliche Einflussfaktoren (z. B. gesundheitlicher Zustand und Einkommen) bereits herausgerechnet.

 

Die Autoren der Studie folgern aus ihren Ergebnissen, dass die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) das Auftreten einer Gürtelrose offenbar begünstigt.

 

(Quelle: Yang JW et al. Risk of herpes zoster among patients with chronic obstructive pulmonary disease: a population-based study. CMAJ 2011; 183: E275-80)

 

Herpes zoster alias „Gürtelrose“ – ein paar Hintergründe

 

Die Gürtelrose (= Herpes Zoster) wird durch ein Virus aus der Gruppe der Herpesviren verursacht. Der erste Kontakt mit dem Virus erfolgt meist in der Kindheit und führt zu Windpocken. Nach einer Infektion verbleiben die Viren in einem inaktiven Zustand im Nervengewebe – dort sind sie für das Abwehrsystem des Körpers nicht mehr erreichbar. Die im Nervengewebe schlummernden Viren können irgendwann wieder aktiv werden – häufig passiert dies erst nach Jahrzehnten. Ursache ist meist eine geschwächte Abwehrlage, z. B. bei Grippe, anderen Erkrankungen oder seelischem Stress.

 

Die Viren gelangen zu den Nervenendigungen und lösen hier eine Entzündung aus. Die Folge: In dem Hautareal, das von den Nerven versorgt wird, bilden sich Rötungen und Bläschen. Die Hauterscheinungen werden in der Regel von Schmerzen begleitet. Nach einigen Tagen trocknen die Bläschen aus und hinterlassen eine gelblich-bräunliche Kruste, die nach insgesamt etwa vier Wochen vollständig abgeheilt ist.

 

Bei schätzungsweise bis zu 20 Prozent aller Patienten mit Gürtelrose bleiben die Schmerzen nach dem Abklingen der Bläschen bestehen: Man spricht von einer Post-Zoster-Neuralgie, die mit zunehmendem Alter häufiger auftritt. Ursache der Post-Zoster-Neuralgie ist eine nachhaltige Schädigung von Nerven durch die virusbedingte Entzündung. Die Schmerzen bleiben manchmal über viele Monate oder sogar Jahre bestehen und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

 

Die COPD zählt zu den häufigsten Lungenkrankheiten

 

COPD steht für den englischen Begriff „chronic obstructive pulmonary disease“. In Deutschland wird das Krankheitsbild als chronisch obstruktive Lungenerkrankung bezeichnet – die Begriffe chronisch und obstruktiv stehen für dauerhaft und einengend. Betroffen sind vor allem langjährige Raucher: Der Tabakkonsum irritiert die Schleimhäute in den Atemwegen, die sich irgendwann mit einer dauerhaften Entzündung wehren. Durch die Entzündungsprozesse entsteht übermäßig viel Schleim, der das Atmen behindert. Darüber hinaus kommt es zur Gewebeschädigung mit Vernarbungen, wodurch sich die Atemwege zusätzlich und irreversibel (= nicht umkehrbar) verengen. Auch die elastischen Lungenbläschen, in denen der Atemgas-Austausch stattfindet, werden durch die dauerhaften Entzündungsprozesse zerstört – damit steht weniger Fläche für die Sauerstoffaufnahme in das Blut zur Verfügung.

 

Typische Beschwerden bei COPD sind dauerhafter Husten, Engegefühl im Brustbereich, Auswurf, Müdigkeit sowie später auch Atemnot und Abnahme der körperlichen Belastbarkeit.